Candide

A comic operetta
Leonard Bernstein
1974
Dauer: 120'

Auf dem schönsten aller möglichen Schlösser, dem westfälischen Schloss Thunder Ten-Tronck, sind die glücklichsten aller glücklichen Menschen zu Hause: Candide, illegitimer Neffe des Barons, dessen Kinder Maximilian und Cunegonde sowie Paquette, deren Freundin und Weggefährtin seit Kindestagen. Unterrichtet werden sie von Dr. Pangloss, dem größten Philosophen der ganzen Welt. Bei ihm lernten die jungen Leute, dass sie in der besten aller möglichen Welten leben. Doch als Candide in flagranti mit der von ihm angebeteten Tochter des Hauses erwischt wird, wird er aus der besten aller möglichen Welten verstoßen. Candide ist gezwungen, in die Armee einzutreten, und was das Leben in der realen Erprobung für ihn bereithält, könnte kaum härter und schonungsloser sein. 

Inzwischen hat der Krieg auch der friedlichen Idylle auf dem Schloss ein jähes Ende bereitet und deren Bewohner in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Auf der Suche nach Wahrheit, Gerechtigkeit und der besten aller möglichen Welten kreuzensich ihre Wege in Folge auf abenteuerliche Weise: Candide trifft seinen Lehrer Dr. Pangloss wieder und reist mit ihm nach Lissabon, das soeben von einem fürchterlichen Erdbeben heimgesucht wurde. Hier treffen sie auf Cunegonde, die als Edelprostituierte zu gewissem Reichtum gekommen ist. Zu dritt fahren sie über den Atlantik. Dabei wird ihr Schiff von Piraten überfallen und Cunegonde entführt. 

In der Neuen Welt trifft Candide unerwartet auf Paquette und Maximilian. Zurück in der Alten Welt gelingt es ihnen, Cunegonde in Konstantinopel aus einem Harem frei zu kaufen. Dabei kommt es zu einem  unerwarteten Wiedersehen mit ihrem zwischenzeitlich totgeglaubten Lehrer. Desillusioniert stellen sie fest, dass die beste aller möglichen Welten nur in der Philosophie existiert, doch Dr. Pangloss glaubt unbeirrt, dass alle Leiden doch ihr Gutes gehabt hätten und dass demzufolge an der besten aller Welten nichts  auszusetzen sei. Aber Candide und Cunegonde ziehen es vor, nicht mehr vom Paradies zu träumen, sondern in Zukunft mit ihrer Hände Arbeit ihren eigenen kleinen Garten zu bestellen, denn Arbeit allein könne den Menschen das Leben erträglich machen.


Zum Werk

Leonard Bernstein, dessen 100. Geburtstag die Musikwelt in diesem Jahr feiert, machte sich im Entstehungsjahr von Candide seine Gedanken zur Gattung Musical:. „Das amerikanische Musiktheater hat einen langen Weg hinter sich: dieses hat es von der Oper, jenes von der Revue, hier etwas von der Operette, dort etwas vom Vaudeville ausgeborgt – und all diese Elemente wurden zu etwas ganz Neuem zusammengemischt, das sich stetig in Richtung Oper entwickelt.“ Diese historischen Überlegungen charakterisieren auch treffend das Wesen dieser „Comic operetta“, die ein lebenslanges Schmerzenskind des Komponisten geblieben ist. Bei seiner Erstaufführung am Broadway konnte sich Candide als zu „sophisticated“ nicht so recht behaupten, was aber auch auf das Original-Libretto zurückzuführen war, das seine Schwächen und Tücken hat. 

Es folgten zahlreiche Revisionen, doch erst jene 1973 von Harold Prince, Hugh Wheeler und Stephen Sondheim ohne Bernsteins Mitwirkung adaptierte Fassung, die stark auf die Bedürfnisse des Broadways zugeschnitten war, konnte sich durchsetzen. Allerdings war dabei, wie Bernstein bitter anmerkte, die Hälfte der Partitur flöten gegangen. John Mauceri versuchte daher unter Mithilfe des Komponisten, große Teile des vorhandenen Materials zu retten und den ursprünglichen Intentionen wieder zu ihrem Recht zu verhelfen:
Candide als eine liebenswerte, zu Herzen gehende Satire zu betrachten, am besten ganz in der Tradition Jacques Offenbachs, denn „die Fähigkeit des Menschen zu lachen ist edler als seine göttliche Befähigung zu leiden“ wie Bernstein einmal sagte. 

Mag die ursprüngliche Idee der Autoren Voltaires Spott über jene Weltanschauung, wonach alles zum Besten steht in der besten aller möglichen Welten, auf die  selbstzufriedene Ära Eisenhower gerichtet gewesen sein, so hat die Botschaft dennoch nichts von ihrer Aktualität verloren. Unbestritten ist: Die schwungvolle, mitreißende Musik Leonard Bernsteins, die sich durch einen raffinierten, satirischen Umgang mit den unterschiedlichsten Stilen der Musikepochen auszeichnet, kann man nicht genug bewundern. Es ist sicher die anspielungsreichste Musik, die jemals für den Broadway geschrieben wurde.

Quelle: www.theater-wien.at

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